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Zweitaktöl und Gemisch für die Victoria

In einschlägigen Oldtimer–Foren sind mit schöner Regelmäßigkeit Threads zu lesen, in denen über das richtige Zweitaktöl und Mischungsverhältnis für Veteranen–Motorräder diskutiert wird. Das gibt gerne „Zündstoff” zwischen den Verteidigern von 1:25 auf der einen Seite und den ganz Fortschrittlichen, die Ersatzstoffe mit 1:100 fahren.

Bis hin zu Glaubenskriegen geht das meist nicht, aber die Meinungen gehen eben doch weit auseinander.

Wir versuchen hier, ein bisschen Klarheit zu schaffen. Ob das klappt? Entscheidet selbst.

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Bestandsaufnahme: Geschichte vs. Neuzeit

Ende der 1930er Jahre und auch nach dem Krieg sah es mit Kraftstoffen und Motorölen noch ziemlich mau aus. Die Victoria–Werke lamentierten Anfang März 1951 in einer technischen Mitteilung über die bescheidene Kraftstoff–Qualität mit nur 60 bis 70 Oktan, und es war durchaus noch üblich, dem Kraftstoff statt speziellem Zweitäktöl einfache Motoröle, beispielsweise mit der Viskosität von SAE 40, beizumischen.

Obwohl bei den Victoria–Zweitaktmotoren der Nachkriegszeit die (immerhin vier!) Kurbelwellenlager vom Getriebe aus Spritzöl–geschmiert werden und die Simmeringe bei den Kurbelwellenwangen liegen, empfahl das Werk (wie auch andere Hersteller) in den Bedienungsanleitungen, ein Zweitaktgemisch von 1:25 und während der Einfahrzeit 1:20 zu verwenden.

Nun ist allerdings die Entwicklung nicht 1950 stehen geblieben. Selbst das billigste Zweitaktöl ist heute um Welten besser als das beste von 1950.

Dennoch halten viele Zweitaktfahrer eisern an der unnötigen Ölration fest, teils wohl aus Angst, dass ihre Motoren Schaden nehmen könnten. Das Foto zeigt es beim Start zur Ausfahrt 2015 (Treffen der Victoria–IG) deutlich genug.

 

Mineralisch, teilsynthetisch, synthetisch oder gar nicht Öl?

Oh je, wenn das 'mal alles wäre … Der arme Zweitaktfahrer hat jedoch noch eine Wahl zu treffen. Es gibt nämlich mineralische, teilsynthetische, ganz künstliche Zweitäktöle und mindestens einen Ersatzstoff, der überhaupt kein Öl beinhaltet oder ist.

Auch da gibt's lange Diskussionen. Schadet synthetisches Öl wirklich den Dichtungen? Anscheinend bevorzugt die Mehrheit teilsynthetische Zweitaktöle. Sie qualmen etwas weniger als mineralische, kosten nicht ganz so viel wie vollsynthetische und verrichten ihren Dienst klaglos.

Letzendlich bleibt das eine Geschmacksfrage. Wie auch immer, viele Veteranenfahrer sind schon lange mit modernen Ölen unterwegs. Persönlich ist mir kein Fall bekannt, wo dabei wegen magererem Gemisch Verschleißerscheinungen oder gar Motorschäden aufgetreten wären.

Die Verwendung von Kraftstoff mit amtlichen Ethanol–Beimengungen kann schon eher zu Kummer führen (wenn auch vorwiegend außerhalb des Motors). Wir fahren das normale Super (95 Oktan).

Bei über 20.000 km mit Victoria–Zweitaktern konnte ich jedenfalls keine relevanten Unterschiede zwischen mineralischem und teilsynthetischen Öl feststellen - außer bei der Qualm–Entwicklung und beim Geruch.

 

Karten auf den Tisch: Erfahrungen

Schon 1988 bin ich mit dem früheren Gespann nur Mischungen von etwa 1:40 gefahren. Ja, es gab Verschleiß. Es gibt jedoch keinerlei Nachweis dafür, dass dieser auf das Gemisch zurück zu führen war.

Das Team der Zeitschrift (Link: fremde Seite)Oldtimer–Praxis” fährt einen Saab 96 bei Rennen mit dem Ersatzstoff (Link: fremde Seite)Triboron” aus Schweden - 1:100 und ohne Probleme.

Rund 20.000 km sind noch kein guter Anhaltspunkt. Sie sind auch keinerlei Beleg, denn die Ergebnisse sind nicht repräsentativ. Dazu müssten genug Fahrer von Veteranen–Zweitaktern „hier” rufen.

Selbst mit magerem Gemisch kann es geschehen, dass ein Zweitakter qualmt - unserer tut's auch, so unter Last oder an Steigungen. Das kann beispielsweise auch an verschlissenen Kolbenringen oder einem verkokten Auspuff liegen.

Wir Fahrer einer Victoria sind eher fein 'raus. Die außen liegenden Kurbelwellenlager, je zwei, werden vom Getriebe aus mit Spritzöl geschmiert. Also können lediglich Kolben, Kolbenbolzen (gleitgelagert) und Pleuellager (Rollen, doppelt) Kummer bereiten.

Wir benutzen jedenfalls - jetzt auch schon wieder seit einigen Kilometern - teilsynthetisches Öl.

 

Kosten, Schonung der Umwelt, Fazit

Das sicher gute Ersatzmittel „Triboron” (Schweden) kostet für 0,5 l knapp 30,- . Beim Mischungsverhältnis 1:100 gegenüber 1:50 ist das immer noch ein sehr hoher Literpreis. Auch gute und raucharme Zweitaktöle (echte) sind für weit weniger Geld zu haben (so ab 4,- bis 5,-  je Liter).

Technisch gesehen bedeutet ein fetteres Gemisch außerdem zwar eine eventuell bessere Schmierung, jedoch schlechtere Kühlung.

Es ist sicher richtig, dass bei frisch überholten Motoren oder neuen Kolbenringen 1:25 für eine Weile angebracht ist. Ebenfalls wichtig: Nicht alle Motore sind gleich aufgebaut und resistent. Werden beispielsweise auch die Kurbelwellenlager durch das Gemisch geschmiert, sollte darauf Rücksicht genommen werden.

Bei den Nachkriegs–Zweitaktern von Victoria gilt es jedoch, wie schon erwähnt, „nur” auf die Schmierung von Kolbenbolzen, Kolben und Pleuellager zu achten. Die sind bei modernen Ölen und magereren Mischungen jedoch nicht gefährdet.

Etwas weniger Öl und damit weniger Qualm ist auch gut für die Umwelt. Das gilt nicht nur für den Ausstoss, sondern auch den Ölverbrauch, und es fördert das Image der Zweitaktfahrer.

Fazit: Weniger ist mehr und meist kein Problem.

 
 
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