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Alte Zweitakter: Störungen und deren Behebung

Ganz ohne Probleme geht's leider doch nicht immer ab. Davon können wohl die meisten Fahrer alter Motorräder ein Lied singen und nicht nur die „Victorianer”. Die meisten Störungen betreffen die Zündung, den Vergaser und die Elektrik allgemein.

Alte Hasen wissen meist, woran's klemmt. Jedoch gibt es zum Glück genug Nachwuchs jeden Alters, und dem soll hier geholfen werden.

Wir gehen hier speziell auf die Nachkriegs–Zweitaktmotorräder von Victoria ein. Die meisten Tipps gelten jedoch so oder ähnlich auch für andere Typen.

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Starten des Motors

Hier gilt es zu unterscheiden, ob es ein Start bei kaltem oder warmem (eventuell sogar heißen) Motor ist.

Bei kaltem Motor wird der Benzinhahn geöffnet und der Tupfer am Vergaser so lang betätigt, bis dort Benzin ausläuft. Der Luftschieber bleibt oder wird geschlossen (Modelle mit Schieber am Luftfilter: Schieber fast schließen). Dann gilt es, bei halb geöffnetem Gas zwei bis drei Mal ohne Zündung anzutreten. Bei gut anspringenden Motoren muss der Lufthebel nur ein bisschen geschlossen werden.

Jetzt wird die Zündung eingeschaltet. Wenn das Motorrad spätestens beim dritten oder vierten Tritt nicht läuft oder wenigstens „hustet”, ist etwas faul - im richtigen Zustand tut es spätestens der zweite, zumindest ist der Rückschlag deutlich zu spüren. Lediglich bei Frost und/oder wenn das Mopped länger gestanden ist, kann's auch 'mal mehr brauchen.

Bei warmen Motor ist das anders. Da muss zwar unter Umständen auch getupft werden, bis genug Benzin in der Schwimmerkammer des Vergasers ist. Dann muss die Zündung jedoch sofort eingeschaltet werden, und der Luftschieber sollte eher offen sein. Springt das Motorrad dann nicht an, sofort die Spritzufuhr unterbrechen - sonst droht die Gefahr des Absaufens.

Dieser Fall ist meist schon gut zu riechen. In Extremfällen muss die Kerze 'raus und bei geschlossenem Benzinhahn und weit geöffnetem Luft–, aber geschlossenem Gasschieber solange getreten werden, bis Kurbelwellen­gehäuse und Brennraum sauber entlüftet sind.

Bei sehr heißen Motoren, die nur kurz abgestellt werden, besteht die Gefahr von Luftblasen im Vergaser. In dem Fall hilft nur abwarten. Falls der Motor doch anspringt, wird er eine Weile kein Gas annehmen und unrund laufen, bis sich die Schwimmerkammer genug abgekühlt hat.

 

Meine Feinde, Unterbrecherkontakt und Zündzeitpunkt

Wer neue Kontakte (ja, das gibt es ohne Probleme) verbaut, ist erstmal fein 'raus. Die neuere Einstelltechnik über eine Schraube mit Exzenterkopf statt einer Einstellschraube am Kontakt selbst ist auch schick. Ungemach droht an anderer Stelle - der Klemmschraube.

Die ist leider ein bisschen unterdimensioniert, und es kann beim festziehen leicht geschehen, dass sich der vorab mit der Fühlerlehre sorgfältig geprüfte Abstand („Schiebesitz”) doch noch verstellt. Leider verstellen sich die Burschen im Betrieb gerne auch ohne Abnutzung. 0,35 mm Abstand sind oft besser als 0,4 und ergeben einen knackigeren und schnelleren Zündfunken - aber nur bei guten Zündspulen und Kerzen.

Ein verstellter Kontakt war jedenfalls unangefochten auf Platz 1 unserer „Top Ten”–Pannen, bis wir eine bessere Klemmschraube verbaut haben.

Je nach Einsatz und Fahrstil schadet es nicht, wenn der Zündzeitpunkt eher früh eingestellt ist. Das verschlechtert zwar das Startverhalten, und bei niedrigen Drehzahlen sollte ja nicht zu viel Gas gegeben werden - das schadet dem Motor und ist meist am typischen „Klingeln” zu hören. Bis das aufhört und die richtigen Drehzahlen erreicht sind, sollte das Gas zurückgenommen werden - dann dreht der Motor trotzdem gut hoch. Dafür tut es der Motor in höheren Drehzahlen besser.

Wer weiß, dass er am nächsten Tag unter Last über hohe Berge fahren wird, tut gut daran, die Zündung auf einen späteren Punkt einzustellen. Das kann etwas nervig sein (vor allem bei Gespannen mit rechts angeschlagenem Beiwagen) und im schlimmsten Fall auch eine Neujustierung des Unterbrecherkontakts nach sich ziehen.

 

Zündzeitpunkt und Kondensator, Zündkerze und Zündspule

Wenn der Kickstarter beim Anlassen heftig zurückschlägt und / oder der Motor bei niedrigeren Drehzahlen klingelt, ist der Zündzeitpunkt zu früh. Kommt der Motor nicht in höhere Drehzahlen, ist er zu spät. Er sollte im Bereich um 4,5 bis 5 mm vor OT liegen (29° bis 31°).

Bei sogenanntem „Kontaktfeuer” (Funken am Unterbrecherkontakt) ist sehr wahrscheinlich der Kondensator defekt oder die Leitung dahin. Es ist prinzipiell eine gute Idee, den zu erneuern, statt mit dem alten Original zu fahren. So ein Teil kostet etwa 10,- €. Funktionierende Originale sind jedoch oft besser als die neuen Bauteile.

Auch wenn da alles stimmt, kann es geschehen, dass das Motorrad nicht oder nur unwillig anspringt. Weitere mögliche Ursachen sind die Zündkerze (falscher Elektrodenabstand, Isolatorbruch), das Zündkabel (korrodierte Kontakte, Isolierungsprobleme), der Zündstecker (schlechter Kontakt, schadhafte Isolierung) und die Zündspule. Ob letztere der Übeltäter ist, lässt sich auch mit einer provisorisch angeschlossenen 12 Volt–Spule testen (bei abgeklemmter Motorrad–Batterie!).

Wenn bei Zündung und Vergaser alles stimmt, keine Nebenluft gezogen wird und die Dichtungen tun, was sie sollen, sollte überlegt werden, ob die Kurbelwellen–Dichtringe eventuell nicht mehr dichten. Entweder qualmt dann das Motorrad und der Kurbelwellenraum ist schmierig verrußt (Getriebeöl wird angesaugt), oder die Verdichtung ist schlecht und das Getriebeöl mit Sprit versetzt (andere Richtung).

Heutige Zündkerzen decken einen viel größeren Wärmebereich ab als frühere Modelle. Dennoch sollte der Typ so halbwegs passen, denn zu hohe Wärmewerte sorgen für verrußte Elektroden und zu niedrige für Abbrand. Siehe hierzu auch die Abschnitte auf der Seite zum Thema „Zündung” und den Tipp mit den Iridium–Kerzen.

 

Benzinzufuhr und Vergaser

Gerade beim Gespannbetrieb mit erhöhten Anforderungen (und dementsprechenden Verbrauch) kann es ein lästiges Problem geben: Bei Volllast den Berg hoch und in kleinen Gängen kann die Schwimmerkammer des Vergasers tatsächlich leerlaufen. Das ist kein Witz! Der ab Werk angebene, werbewirksame Verbrauch kann hingegen einer sein. Voll beladen und in steilem Gelände fließen gerne mehr als acht Liter Sprit je 100 km durch. Da hilft höchstens ein schwererer Schwimmer oder der Wechsel des Vergasers (mit Eintragung). Über die Düsennadel lässt sich da wenig machen, allenfalls mit einer größeren Hauptdüse. Eine weitere typische Fehlerursache ist eine unzureichende Tankbelüftung am Tankdeckel. Das Problem hatten wir zum Beispiel. Ob das der Fehler ist, lässt sich leicht prüfen: Einfach den Deckel nur ein klein wenig schließen, gerade so, dass er nicht abfällt.

Ein weiteres Problem können Wassertropfen sein. Benzinhähne mit Wasserabscheider sind da eine gute Wahl. Im Lauf der Zeit kann sich auch Schmutz auf dem Sieb des Benzinhahns absetzen - davon wissen wir ein Lied zu singen. Undichte Schwimmer lassen sich nach der Trocknung gut und dauerhaft mit einem Lötkolben abdichten.

Ein fieses Thema ist „Nebenluft”. Sitzen Vergaser oder Aufpuffkrümmer nicht richtig, wird entweder Luft angesaugt oder abgeblasen. Das kann unter Umständen auch an den Dichtungen für Zylinderfuß und –kopf geschehen (nicht weiter schlimm) oder an den „Simmeringen” der Kurbelwelle (was eher unglücklich ist und eine Motorzerlegung erfordert).

 

Weitere Hinweise

Tipps zur Kupplung, zum Getriebe und Getriebeöl, zur Einstellung der Schaltung und alten Zweitakt–Motorrädern allgemein finden sich auf den jeweiligen Seiten. Wenn die Kupplung rupft, gibt es auch die Möglichkeit, dass kaum noch Öl im Getriebe ist (Symbol: zwinkern). Wenn es mit der Ladung nicht so richtig klappt: Lest die Seite zum Regler.

Ein typisches Problem gibt's gerne bei Zweikammerleuchten, wie wir sie auf dem Seitenwagen haben. Plötzlich tun's Licht und Blinker nicht mehr so richtig, eine Blinkerkontrollleuchte ist ständig an. Ursache: Die Leuchte hat keinen oder keinen guten Kontakt mehr zur Masse. Vom Masse­anschluss des Positionslichts wandert der Strom zu dem des Blinkers, von da zur Kontrollleuchte und dann nach Masse.

Die Batterie ist ok, die Glühlampen sind heil, aber das Licht lässt sich nicht einschalten? Eventuell sind die Kontakte am Hella–Zündschloss und Kombischalter korrodiert oder die Kabel dort abvibriert.

Nicht so ohne weiteres ist einem anderen, Victoria-typischen Problem beizukommen. Der Kickstarter kann sich verkanten. Da hilft nur eins: Bei eingelegtem Gang den Kupplungskorb in eine günstigere Position bringen. Wenn das nicht hilft, muss das Teil durch allerlei nicht zu kräftige Tritte wieder in eine gute Position gebracht werden. Eine effektive Verbesserung erfordert den Abbau des Kupplungskorbs und die Überarbeitung der Zähne am Eingriff. Bei dieser Gelegenheit sollte auch die Rückholfeder geprüft werden.

Bei gut eingestellten Reglern und guten Lichtmaschinen kann es durchaus geschehen, dass die Batterie ausgast. Daher schadet es nichts, deren Füllstand ab und an zu prüfen (natürlich gehört dann nur destilliertes Wasser rein, und nie mehr als bis zur Markierung). Wir mussten beim „neuen” Gespann auf 2.000 km schon zweimal nachfüllen. Danach hatten wir aber keine Lust mehr und haben auf wartungsfreie LifePO4–Akkus umgerüstet.

 
 
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